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Beurteilungsgespräche: Inhalte, Tipps und Checkliste für erfolgreiche Mitarbeitergespräche

Selbst erfahrene Führungskräfte stehen bei Beurteilungsgesprächen oft vor Herausforderungen. Entweder neigen sie dazu, ihre Mitarbeiter zu schonen und kritische Punkte zu vermeiden, oder sie fokussieren sich zu stark auf die Schwächen und Fehler des Teams. Beides kann langfristig schädlich sein. Eine ausgewogene Beurteilung, die sowohl Stärken als auch Schwächen umfasst, ist entscheidend für die Entwicklung Ihrer Mitarbeiter und den Erfolg des Unternehmens. Hier erfahren Sie, wie Sie Beurteilungsgespräche effektiv gestalten – mit praxisnahen Tipps und Erkenntnissen aus über 30 Jahren Führungskräfte-Coaching.


Die Inhalte eines erfolgreichen Beurteilungsgesprächs

In einem Beurteilungsgespräch geben Sie Ihren Mitarbeitern Feedback zu ihrer bisherigen Leistung und ihrem Verhalten im Team. Dabei ist es wichtig, sich auf unternehmensrelevante Aspekte zu konzentrieren und persönliche Eigenschaften wie Charakter oder Stil außen vor zu lassen. Das Ziel ist es, Leistung und Verhalten besser einzuordnen und daraus gegebenenfalls Konsequenzen zu ziehen. Ob Sie diese Gespräche monatlich, quartalsweise oder jährlich führen, hängt von Ihren individuellen Anforderungen und Zielen ab.

Ein effektives Beurteilungsgespräch umfasst drei zentrale Ebenen:

  1. Verhalten: Wie integriert sich der Mitarbeiter ins Team? Wie ausgeprägt ist seine Kooperationsbereitschaft? Übernimmt er Verantwortung und wie geht er mit Konflikten um?

  2. Leistung: Wie ist die konkrete Arbeitsleistung? Arbeitet der Mitarbeiter motiviert, zuverlässig und sorgfältig? Ist er bereit, die Extrameile zu gehen und trägt er aktiv zum Unternehmenserfolg bei?

  3. Potenzial: Wo gibt es Potenzial für Verbesserungen oder Weiterbildungen? Wo liegen besondere Stärken, die in Zukunft stärker genutzt werden können? Dieser Teil des Gesprächs grenzt oft an ein Entwicklungsgespräch.


Ein zentraler Aspekt: Geben Sie auch Ihren Mitarbeitern Raum, ihre Sichtweise darzulegen. Ein Beurteilungsgespräch sollte stets ein Dialog auf Augenhöhe sein, bei dem Empathie und Fingerspitzengefühl entscheidend sind.

Ein Beispiel aus der Praxis: Vom Low Performer zum High Performer

Es ist ein verbreiteter Irrtum zu glauben, dass regelmässige Beurteilungsgespräche in jedem Unternehmen selbstverständlich sind. Ein Klient von mir erzählte mir von einem Mitarbeiter, der seit Jahren unterdurchschnittlich performte – und jeder im Unternehmen wusste es. Es wurde sogar in Erwägung gezogen, ihn zu entlassen. Doch als mein Klient nachfragte, ob jemals ein Gespräch mit dem Mitarbeiter geführt worden sei, stiess er auf betretenes Schweigen. Es hatte niemand das Gespräch gesucht.

Mein Klient entschied sich, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, und führte ein offenes Gespräch mit dem Mitarbeiter. Um seinen Punkt zu verdeutlichen, erzählte er ihm eine Parabel vom Pony. Ein Pony kann springen, und das ziemlich gut, aber es springt nur so hoch, wie es unbedingt muss. Mein Klient fragte den Mitarbeiter direkt, ob er sich selbst als Pony sieht oder als jemand, der mehr leisten kann. Für den Mitarbeiter war klar: Er wollte mehr sein als ein Pony. Dieses Gespräch markierte einen Wendepunkt, und der Mitarbeiter entwickelte sich in den folgenden Jahren zu einem High Performer. Ein einfaches, ehrliches Beurteilungsgespräch machte den Unterschied.

Die Ziele eines Beurteilungsgesprächs

Ein Mitarbeitergespräch verfolgt in der Regel vier Hauptziele:

  1. Objektive Leistungsbewertung: Sie können die Leistung des Mitarbeiters, auch im Vergleich zu früheren Phasen, objektiv einschätzen.

  2. Stärken hervorheben: Durch das gezielte Ansprechen von Stärken und Erfolgen steigern Sie die Motivation des Mitarbeiters.

  3. Konstruktives Feedback geben: Sie setzen Wachstumsimpulse, indem Sie Schwächen offen ansprechen und konstruktive Verbesserungsvorschläge machen.

  4. Anerkennung zeigen: Belohnen Sie erbrachte Leistungen durch Wertschätzung, die nicht immer materiell sein muss.

In bestimmten Fällen können Beurteilungsgespräche auch individuelle Ziele verfolgen, wie etwa die Beurteilung der Eignung eines Mitarbeiters für eine Beförderung.


Vorbereitung: Klare Beurteilungskriterien festlegen

Die Beurteilung von Mitarbeitern ist ein fortlaufender Prozess, der immer wieder neu justiert werden sollte. Vor jedem Gespräch ist es wichtig, klare Beurteilungskriterien zu formulieren, die auf Ihren Zielen und Erwartungen basieren.

Ein hilfreiches Gerüst für Ihre Beurteilung kann diese dreistufige Frage-Struktur sein:

  • Passt der Mitarbeiter zu Ihren Plänen? (z.B. in Bezug auf Werte und Arbeitsmoral)

  • Besitzt er die Fähigkeiten, Ihre Pläne umzusetzen?

  • Hat er den Willen, das Unternehmen voranzubringen?

Wenn Sie nach mehreren Gesprächen keine dieser Fragen mit „Ja“ beantworten können, sollten Sie über Konsequenzen nachdenken.


Regelmässige Überprüfung Ihrer Massstäbe

Es ist wichtig, die eigenen Beurteilungskriterien regelmäßig zu hinterfragen und zu prüfen, ob sie noch zeitgemäß sind. Insbesondere sollten Sie vermeiden, Ihre eigenen Maßstäbe der Zielerreichung als festen Maßstab für andere anzulegen. Stattdessen sollten Sie Verhalten, Leistung und Potenzial im Sinne des Unternehmens bewerten. Fokussieren Sie sich auf die Ergebnisse (das „Was“) und nicht auf die Arbeitsweise (das „Wie“).


Drei praktische Tipps für die Durchführung von Beurteilungsgesprächen


  1. Führen Sie Beurteilungsgespräche frühzeitig durch, wenn Sie neu im Team sind. Je früher Sie ein klares Bild davon haben, wo Ihre Mitarbeiter stehen, desto besser können Sie das Team entwickeln.

  2. Schaffen Sie die richtigen Rahmenbedingungen. Wählen Sie einen Ort, der eine ruhige und entspannte Atmosphäre bietet, um das Gespräch möglichst angenehm zu gestalten. Ein Café oder ein Spaziergang können gute Alternativen zum klassischen Bürozimmer sein.

  3. Zeigen Sie ehrliche Wertschätzung. Erkennen Sie die Erfolge Ihrer Mitarbeiter an und zeigen Sie ihnen, dass ihre Arbeit geschätzt wird. Das steigert die Motivation und verhindert, dass Ihre besten Mitarbeiter sich übersehen fühlen.


Nach dem Gespräch: Konsequenzen ziehen und Massnahmen umsetzen

Nach dem ersten Beurteilungsgespräch ist es entscheidend, konkrete Lösungen und Massnahmen zu entwickeln, die sowohl den Bedürfnissen des Mitarbeiters als auch den Zielen des Unternehmens entsprechen. Vereinbaren Sie diese Massnahmen gemeinsam und legen Sie sofort einen Termin für ein Folgegespräch fest, um die Wirksamkeit der getroffenen Vereinbarungen zu überprüfen und bei Bedarf Anpassungen vorzunehmen.

Wenn Sie bereits eine Weile in Ihrer Führungsposition tätig sind, ist es an der Zeit, die Ergebnisse Ihrer Gespräche zu bewerten und daraus Konsequenzen zu ziehen. Es ist wichtig zu erkennen, dass nicht jeder Mitarbeiter in seiner aktuellen Position ideal aufgehoben ist. Für mehr Klarheit und eine gezielte Personalentwicklung hilft es, Ihre Teammitglieder nach folgenden Kriterien zu kategorisieren:


  • Bleiben: Mitarbeiter, die in ihrer derzeitigen Position gut aufgehoben sind und massgeblich zur Erreichung Ihrer Ziele beitragen.

  • Behalten & fördern: Mitarbeiter, die in ihrer aktuellen Position Potenzial zeigen, aber noch gezielte Unterstützung benötigen, um sich weiterzuentwickeln.

  • Versetzen: Mitarbeiter, die gute Leistungen erbringen, aber möglicherweise in einer anderen Position oder Abteilung besser aufgehoben wären. Finden Sie für sie einen passenden Platz im Team oder im Unternehmen.

  • Beobachten: Mitarbeiter, bei denen Sie Potenzial erkennen, sich aber noch unsicher sind, ob sie dieses voll ausschöpfen können. Diese Mitarbeiter sollten Sie weiter beobachten und gezielt fördern.

  • Ersetzen: Mitarbeiter, die nicht ins Team passen und die Arbeitsleistung beeinträchtigen. Differenzieren Sie hier zwischen denen, die bald ersetzt werden sollten, und denen, bei denen sofortiges Handeln erforderlich ist.

Wichtig: Wenn Sie in Ihrem Team sogenannte „faule Äpfel“ identifiziert haben, sollten Sie nicht zögern, schnell zu handeln. Andernfalls könnte die Gesamtleistung des Teams darunter leiden.


Checkliste für Ihr nächstes Beurteilungsgespräch

Hier finden Sie eine kompakte Checkliste, die alle wesentlichen Punkte für ein erfolgreiches Beurteilungsgespräch zusammenfasst:


Vorbereitung:

  • Ich kenne die Ziele des Gesprächs und habe klare Beurteilungskriterien festgelegt.

  • Meine Beurteilung orientiert sich am Wohl des Unternehmens, nicht an meinen persönlichen Arbeitsweisen.

Durchführung:

  • Ich führe Beurteilungsgespräche regelmäßig und zeitnah durch, insbesondere wenn ich neu im Team bin, innerhalb der ersten 30 Tage.

  • Ich sorge für eine entspannte Gesprächsatmosphäre.

  • Neben der Kritik an Fehlern erkenne ich auch Erfolge an und zeige aufrichtige Wertschätzung.

Nachbereitung:

  • Ich ziehe klare Konsequenzen aus den Beobachtungen und den Gesprächen.

  • Ich fördere meine Mitarbeiter so, dass sie optimal ins Team passen.

  • Ich zögere nicht, unpassende Teammitglieder zu ersetzen, um die Teamleistung zu sichern.

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