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Die wachsende Ungleichheit der Vermögen: Ein Blick auf die Entwicklung in der Schweiz

Während Einkommen in vielen Fällen stagnieren oder nur moderat wachsen, erleben Vermögen seit Jahren einen deutlichen Aufwärtstrend. Dieser Zuwachs ist jedoch ungleich verteilt, wobei der Mittelstand ebenfalls von der sogenannten „Asset-Price-Inflation“ profitiert hat. Doch wie sieht es mit der Verteilung und den zugrunde liegenden Faktoren aus?


Die Herausforderung der Messung von Vermögensungleichheit

Im Gegensatz zu den Einkommen gestaltet sich die Erfassung der Vermögensungleichheit in der Schweiz schwierig. Ein Grund dafür ist die Tatsache, dass Pensionskassenguthaben und weitere Formen der privaten Vorsorge nicht direkt steuerpflichtig sind und daher in den meisten Statistiken nicht erfasst werden. Dabei handelt es sich um beachtliche Summen: Schätzungen zufolge belaufen sich die Gesamtguthaben in der beruflichen und privaten Vorsorge auf über 1'300 Milliarden Franken. Diese Vermögenswerte spielen eine zentrale Rolle für die finanzielle Sicherheit der Haushalte und verdeutlichen gleichzeitig, wie komplex die Analyse der Vermögensverteilung ist.


Ein rasant wachsender Kuchen

Das Gesamtvermögen der privaten Haushalte hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten massiv vergrössert. Lag es vor 20 Jahren noch bei etwa 2'500 Milliarden Franken, so beläuft es sich heute auf über 6'000 Milliarden Franken. Der grösste Teil dieses Vermögens steckt in Immobilien, deren Wert ebenfalls stark gestiegen ist. Aktuell machen Häuser und Wohnungen etwa 2'800 Milliarden Franken des Gesamtvermögens aus, was die Bedeutung des Immobilienmarktes für die private Vermögensbildung unterstreicht.

Neben Immobilien haben auch andere Anlageklassen wie Aktien, Fonds und alternative Investments an Wert gewonnen. Der Wertzuwachs dieser Vermögenswerte ist jedoch stark vom wirtschaftlichen Umfeld und der Geldpolitik abhängig, was zu einer noch stärkeren Konzentration von Wohlstand bei vermögenden Haushalten führt.


Der Mittelstand profitiert – aber nicht gleichmässig

Die sogenannte „Asset-Price-Inflation“, also der Anstieg der Preise von Vermögenswerten wie Immobilien und Aktien, hat auch dem Mittelstand in gewissem Masse geholfen. Insbesondere Haushalte, die bereits Eigentum besitzen oder frühzeitig in den Kapitalmarkt investiert haben, konnten von dieser Entwicklung profitieren. Allerdings hat nicht jeder Mittelstandshaushalt Zugang zu solchen Vermögenswerten, was die Ungleichheit weiter verstärkt.

Die steigenden Immobilienpreise haben es jungen Familien und Personen mit mittleren Einkommen zunehmend erschwert, Wohneigentum zu erwerben. Stattdessen profitieren häufig diejenigen, die bereits vor Jahren Immobilien erworben haben oder durch Erbschaften und Schenkungen Vermögenswerte erhalten haben.


Vermögenskonzentration und gesellschaftliche Folgen

Die Vermögensungleichheit zeigt sich besonders deutlich, wenn man die Konzentration des Reichtums betrachtet: Ein kleiner Anteil der Bevölkerung kontrolliert einen Großteil des Gesamtvermögens. Studien legen nahe, dass die reichsten zehn Prozent der Haushalte mehr als die Hälfte des gesamten Vermögens besitzen. Gleichzeitig verfügt die untere Hälfte der Bevölkerung über kaum nennenswerte Vermögenswerte – viele Haushalte sind stark auf ihre zukünftigen Renten und Vorsorgeguthaben angewiesen.

Diese Ungleichheit hat nicht nur wirtschaftliche, sondern auch soziale Konsequenzen. Sie beeinflusst den Zugang zu Chancen, Bildung und sozialem Aufstieg. Zudem erhöht sie die Abhängigkeit vieler Haushalte von einem stabilen Arbeitsmarkt und einer funktionierenden Sozialversicherung.


Langfristige Perspektiven und Herausforderungen

Angesichts des demografischen Wandels und der zunehmenden Alterung der Gesellschaft wird die Bedeutung der privaten Vermögensbildung weiter zunehmen. Die steigenden Werte von Immobilien und Kapitalanlagen schaffen Vermögen, sind aber auch mit Risiken verbunden – wie einer möglichen Überbewertung oder einer Abhängigkeit von Niedrigzinsen.

Zudem könnte die zunehmende Vermögenskonzentration politische Debatten über Umverteilung und Steuergerechtigkeit anstoßen. Bereits heute werden Vorschläge diskutiert, wie eine breitere Verteilung des Wohlstands erreicht werden könnte, etwa durch Änderungen im Steuersystem oder durch gezielte Förderprogramme.

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