Rückwirkende Nachzahlungen sorgen für Frust

Ein Bieler Unternehmen sieht sich mit einer überraschenden Forderung der Behörden konfrontiert: Rund 40'000 Franken an Lohnbeiträgen sollen nachgezahlt werden, weil eine jahrzehntealte Spesenvereinbarung plötzlich als ungültig erklärt wurde. Der Fall zeigt, dass selbst schriftliche Zusicherungen der Behörden nicht immer vor gerichtlicher Prüfung bestehen.
Jahrzehntelang unbeanstandet
Das betroffene KMU ist ein Familienbetrieb mit einer langen Tradition und beschäftigt rund 20 Mitarbeitende. Seit Jahrzehnten hielt sich das Unternehmen an eine Spesenregelung, die in den 1970er-Jahren mit der damaligen Ausgleichskasse vereinbart wurde. Diese Regelung erlaubte es, bis zu 30 Prozent der Lohnzahlungen als Spesen steuer- und beitragsfrei zu behandeln.
Jahrelang wurde diese Praxis weder beanstandet noch in Frage gestellt, auch nicht bei den regelmässigen Kontrollen durch die Sozialversicherungsbehörden. Die Geschäftsleitung ging davon aus, dass die Vereinbarung weiterhin gültig sei und sah keinen Anlass, sie infrage zu stellen.
Plötzlicher Wechsel und Nachzahlungen
Die Situation änderte sich jedoch abrupt, als das Unternehmen 2022 die Ausgleichskasse wechseln wollte. Eine letzte Kontrolle durch die bisherige Kasse führte zu dem Ergebnis, dass die Spesenregelung von 1978 nicht mehr akzeptiert werde. Es wurde festgestellt, dass die geltend gemachten Abzüge von 30 Prozent als beitragspflichtiger Lohn hätten deklariert werden müssen.
Die Konsequenz: Die Firma erhielt Nachzahlungsverfügungen für die Jahre 2018 bis 2021 in Höhe von 40'000 Franken. Diese rückwirkenden Forderungen brachten das Unternehmen in eine schwierige Lage.
Streit um Vertrauensschutz
Die Geschäftsleitung legte gegen die Nachzahlungsverfügung Einspruch ein und zog schliesslich bis vor Bundesgericht. Dabei wurde der Grundsatz des «Vertrauensschutzes» geltend gemacht: Die jahrzehntelange Praxis sei auf eine behördliche Zusicherung zurückzuführen, auf die sich das Unternehmen verlassen habe.
Das Bundesgericht erkannte den Grundsatz des Vertrauensschutzes grundsätzlich an, entschied jedoch, dass das Unternehmen keine irreversiblen Entscheidungen nachweisen konnte, die aufgrund der alten Regelung getroffen wurden. Hätte es etwa belegen können, dass die eingesparten Beiträge direkt in Investitionen geflossen seien, hätte das Urteil anders ausfallen können.
Konsequenzen für das KMU
Das Unternehmen sieht sich nun gezwungen, die 40'000 Franken nachzuzahlen, um eine Betreibung zu vermeiden. Die Geschäftsleitung zeigt sich enttäuscht und fühlt sich im Stich gelassen: «Man muss sich doch auf schriftliche Zusicherungen der Behörden verlassen können.»
Der Fall wirft Fragen über die Rechtssicherheit und den Umgang der Behörden mit älteren Vereinbarungen auf. Für KMU in der Region bleibt die Herausforderung bestehen, sich im komplexen Geflecht von Vorschriften und Kontrollmechanismen zurechtzufinden.
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